DIE LINKE und DIE SO! im Kreistag lehnt den Haushalt 2023 ab

DIE LINKE und DIE SO! im Kreistag

​​​​​​​Haushaltsrede von Manfred Weretecki

Kreistagssitzung Soest am 30.03.2023

Sehr geehrte Frau Landrätin, sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen liebe Kollegen,

endlich können wir, auch zu einer Kreistagssitzung diesen Sitzungssaal wieder benutzen. Da wir aber März und nicht Dezember haben, wartet leider gleich kein gemeinsames Essen auf uns. Das ist natürlich schade, aber dafür, haben wir die kalte Jahreszeit schon fast hinter uns gebracht.

Als erstes, möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kreises, für die geleistete Arbeit im Namen meiner Fraktion DIE LINKE und DIE SO! bedanken! Corona-Pandemie und der brutale Überfall Russlands auf die Ukraine haben ihnen viel Mehrarbeit abverlangt! Nochmal: Danke!


Der Stellenplan ist durch die Veränderungen im Kreisausschuss, von geplanten 18 auf 28 Stellen mehr als im Vorjahr, angewachsen. Im Gegensatz zu anderen Fraktionen begrüßen wir es, wenn im öffentlichen Dienst Stellen dazu kommen. Wir haben auch nicht die Befürchtung, dass hier zu viele Stellen geschaffen werden. Mehr Stellen entstehen, weil die Aufgaben für den Kreis immer mehr werden. Die meisten Stellen sind auch direkt gegenfinanziert, wie z.B. die 4,5 Stellen, die zur Bedienung der mobilen Geschwindigkeitsüberwachungsanlage benötigt werden.

Der von der FDP eingeforderte Nachweis, wann denn endlich die durch die Digitalisierung, angeblich wegfallenden 25 Stellen, abgebaut werden können, erledigt sich durch den jetzigen Stellenzuwachs und das hohe Überstunden-Aufkommen, von selbst.

Dass es dieses Jahr zum Stellenplan für den Personalrat mehr Informationen gab, als in den Vorjahren, ist natürlich zu begrüßen. Wenn es aber gleichzeitig quasi eine Anweisung gibt, dass nicht mit den Abteilungsleitern zum Personalbedarf gesprochen werden darf, spricht das nicht gerade für Offenheit gegenüber der Personalvertretung.

Das 34.000 Überstunden ausgezahlt wurden und nicht in Freizeit ausgeglichen werden konnten, macht zusammen mit den noch bestehenden 100.000 Überstunden deutlich, wieviel Personal wirklich fehlt. Dieses hohe Stundenaufkommen hat natürlich mit den vielen Sonderaufgaben der Kolleginnen und Kollegen zu tun. Corona und der Ukrainekrieg haben dafür gesorgt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren normalen Job, gar nicht mehr oder nur teilweise ausführen konnten.

Diese Mehrbelastung geht nicht spurlos an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorbei. Die Überlastungsanzeigen werden mehr und die Krankmeldungen liegen bei über 7 %. Und dies, obwohl Einige ihren Dienst trotz Erkrankung antreten, damit die Rückstände nicht noch größer werden.

Wichtig ist darum, dass zusätzliches Personal gewonnen wird. Damit man gute Mitarbeiter bekommt sollte sich der Kreis als Arbeitgeber attraktiv darstellen. Das macht man aber nicht, indem man z. B. die Streikbereitschaft der Kollegen und Kolleginnen im Rettungsdienst unterschätzt und meint man brauche keine Notfallpläne aufstellen und den Kollegen, die dann ihrer Streikleitung folgen, mit arbeitsrechtlichen Schritten droht. Da es gerade im Bereich Notfallsanitäter besonders schwierig ist, die Mitarbeiter zu halten und neue zu gewinnen, ist so eine Aktion absolut kontraproduktiv, denn sowas spricht sich natürlich auch bei potenziellen Bewerbern rum.

Hilfreich ist es auch nicht, Gespräche über steuerfreie Beträge für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie von der Bundesregierung angeregt, brüsk abzulehnen. Es wird wohl keiner glauben, dass der Personalrat hier 3.000 Euro steuerfrei für alle Mitarbeiter gefordert hätte, aber zumindest über ein Angebot, für die untersten Lohngruppen hätte man sich mal austauschen können, auch wenn man glaubt, das müssten die Tarifparteien regeln, miteinander reden hat noch nie geschadet!

Auch beim Homeoffice ist die Kreisverwaltung nicht gerade mitarbeiterfreundlich, man scheint zu meinen, nur der Mitarbeiter hätten Vorteile und dass, obwohl der Kreis pro nicht eingerichtetem Büroarbeitsplatz ca. 9.600 Euro pro Jahr einspart. Selbst die beschämenden 20 Euro pro Monat bekommen die Kolleginnen und Kollegen nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen. Für diesen kleinen Betrag einen beheizten Raum und eigenen PC, stellen zu müssen, ist schon traurig.

Die neue Kfz-Zulassungsstelle sieht von außen sehr gut aus, von innen gibt es leider einige Mängel, die den Mitarbeitern das Leben schwer machen. Die Beleuchtung ist teilweise viel zu hell, lässt sich aber nicht runterdimmen. Das man von außen direkt unter die Tische schauen kann, ist sicher auch keine angenehme Situation für die Kolleginnen.

Dies alles trägt nicht gerade zur Motivation der Mitarbeiter bei und führt zu einer Fluktuationsquote von ca. 18 %, hier mit 9 % zu planen ist schon sehr optimistisch. Die geplanten Stellenbesetzungen mit 100 % zu planen, ist sicherlich auch nur Wunschgedanke. In der Realität sind es gerade mal 85 %.

Mit Recht beklagt sich auch die Gleichstellungsbeauftragte, dass sie keine Informationen zu den von den Dezernaten beantragten, aber nicht realisierten Stellen bekommen hat, die sie aber laut Landesgleichstellungsgesetz hätte bekommen müssen. Zudem wäre es wünschenswert, wenn auch im Bereich der Gleichstellungsbeauftragten, personell aufgestockt werden würde. Für fast 1.600 Leute zuständig zu sein, ist alleine eigentlich nicht zu schaffen.

Die von meiner und der Grünen Fraktion geforderten Mehrstellen im Bereich Schulpsychologischer Dienst und die Aufstockung der Stelle im Veterinäramt wurden leider abgelehnt. Natürlich kommen wieder nur die Anträge von CDU/SPD zum Tragen. Leider sind die Mehrheitsverhältnisse so, das heißt aber nicht, dass Anträge von kleinen Fraktionen schlechter sind.

Dass zu den Haushaltsberatungen der kleinen Fraktionen nur die Kämmerin kommt, bei den Großen fast der gesamte Verwaltungsvorstand zu gegen ist, stimmt uns schon nachdenklich. In den Vorjahren kam zumindest der Kreisdirektor auch zu den kleinen Fraktionen, um den Stellenplan darzulegen.
Bei Frau Weber möchten wir uns an dieser Stelle ganz herzlich bedanken, sie hat unserer Fraktion während der Haushaltsberatung, aber auch davor und danach immer bereitwillig Auskunft gegeben.

Dem Stellenplan stimmen wir, trotz aller Kritik, aufgrund der 28 Mehrstellen zu, obwohl wir glauben, dass es noch einiges mehr sein müsste.


Kommen wir nun zum Haushalt für 2023

Die Kreisumlage steigt um 9,2 Millionen Euro auf 185,9 Millionen Euro. Das ist die Summe, die unsere Kommunen schon aus der Mittelfristplanung kennen. Der Hebesatz sinkt sogar von 35,16 auf 34,98 %. Das ist ein geplantes Minus von 4,2 Millionen Euro, was durch Entnahme aus der Ausgleichsrücklage ausgeglichen wird.

Ebenfalls steigen wird die Jugendamtsumlage und zwar auf 66,3 Millionen Euro. Was zur Steigerung beiträgt, sind sicher die längst überfälligen Erhöhungen bei der Kindertagespflege und die Verlegung der Beitragsbefreiung für Eltern um eine Stufe, so dass erst ab 31.001 Euro Elternbeiträge für die Kitas erhoben werden. Hier hätten wir uns gewünscht, dass die Beiträge erst ab 37.001 Euro bezahlt werden müssten, wie aus unserem Antrag im Jugendhilfeausschuss hervorgeht. Denn auch bei diesem Einkommen ist man inflationsbedingt und durch Energiepreiserhöhungen auf jeden Euro angewiesen. Das in der Stadt Soest der Einstieg der Elternbeiträge ab August erst bei 43.001 Euro beginnt, sollte uns doch als Kreis animieren hier nachzuziehen.

Der Antrag der FDP „Konzept der Vermeidung weiterer Steigungen der Jugendamtsumlage“ ist schwer nachvollziehbar. Die Fälle von Kindeswohlgefährdung steigen kontinuierlich weiter an. Der Wunsch des Outsourcings an spezialisierte Organisationen, wie es in der Begründung heißt, würde nur zu noch mehr Chaos führen. Kinder sind ein Spiegel unserer Gesellschaft, von daher ist zu befürchten das die Kosten hier weiter steigen. Auch wenn es Geld kostet, gerade im Bereich der Jugendämter sollte an Personal nicht gespart werden. Die Folgekosten durch geschädigte Kinder kämen uns viel teurer zu stehen.

Was den Kommunen sicher Kopfschmerzen bereitet, ist die weitere Mittelfristplanung hier soll die Kreisumlage 2026 bei 209,5 Millionen Euro liegen. Gleichfalls steigen wird die LWL-Umlage von 94 Millionen Euro auf 109 Millionen Euro in 2026.

Was unseren Kommunen finanziell wehtut, bekommen sie aber als Gegenleistung in Form von Kliniken, Museen usw. mehr als zurück.  Gerade im Kreis Soest profitieren die Kommunen von den LWL-Einrichtungen wie z.B. die Kliniken in Warstein und Lippstadt oder die Blindenschule in Soest. Darum finden wir, Geld was für Menschen mit Einschränkungen ausgegeben wird oder unsere Kultur bereichert, ist gut eingesetztes Geld.

Auch im Bereich des SGB 2 gibt es Steigerungen um ca. 2 Millionen Euro. Ebenso verdoppelt sich fast der Betrag für „Einmalige Leistungen an Arbeitssuchende.“ Beide Steigerungen lassen sich zum Großteil auf Ukraine-Flüchtlinge zurückführen und sind somit natürlich unvermeidlich. Ein Großteil der Ukrainebedingten Mehrkosten konnten aber nach dem Ukraine-Isolierungsgesetz isoliert werden und sind dadurch nicht haushaltsschädigend.

Natürlich müssen wir vom Krieg bedrohten Menschen helfen und sie nicht als „Sozialtouristen“ beschimpfen, wie das der CDU-Vorsitzende aus dem nahen Arnsberg, getan hat. Die Rückstellungen, das sind Pensionen, Beihilfen, Resturlaub, Überstunden steigen um 7,6 Millionen Euro, hier sollte natürlich angestrebt werden, Resturlaube und Überstunden im Jahr des Entstehens wieder abzubauen.

Das sind sicher alles erschreckende Zahlen, die sich aber leider nicht vermeiden lassen.

Meine Fraktion fordert schon seit langem, dass sich der Kreis endlich von seinen RWE-Aktien trennt. RWE ist einer der schmutzigsten Energiekonzerne, der massiv unsere Umwelt zerstört. Im Tagebau Garzweiler wird weiterhin der dreckigste Energieträger, die Braunkohle abgebaut und Dörfer wie Lützerath zerstört, obwohl die Kohle gar nicht mehr gebraucht wird. Anteile an so einem Konzern passen sicher nicht zu unserer geplanten Klimaneutralität 2030.

Mit den Einnahmen von geschätzten 12 Millionen Euro aus dem Aktienverkauf, könnte man sicher vernünftige Ideen, wie die von uns geforderte Gründung einer Gesellschaft für Wohnen, Wärme und Energie, umsetzen. Mit diesem Startkapital ließe sich sicher einiges bewirken. Unser Antrag wird ja im Regionalausschuss diskutiert werden, wir hoffen das die großen Fraktionen mal über ihren Schatten springen und nicht den Antrag sofort ablehnen nur weil er von uns ist, wir sind gerne bereit, über Änderungswünsche zu diskutieren, ich hoffe sie sind es auch?

Erfreulich ist, dass das Kreisjahresergebnis 2021 einen Jahresüberschuss von 12,3 Millionen Euro ausweist, obwohl mit einem Minus von 1,5 Millionen Euro geplant war. Zu hoffen bleibt das sich solche Effekte in den kommenden Jahresabschlüssen wiederholen und man die Kommunen dadurch entlasten könnte oder Schulden, die auf 103 Millionen Euro angewachsen sind zu verkleinern. Man könnte natürlich auch die Ausgleichsrücklage, die 2008 mal bei 50 Millionen Euro lag und jetzt in der Mittelfristplanung in 2026 bei nur noch 5 Millionen Euro liegen wird, wieder auffüllen.

Bei einer Inflationsrate von ca. 10 % und Forderungen der Gewerkschaften von über 10 % und mindestens 500 Euro wird mit einem Tarifergebnis von 4 % für den Haushalt geplant. Das scheint mir doch sehr optimistisch. Die Arbeitskämpfe, die zurzeit laufen, sprechen da eine andere Sprache. Wichtig wäre aus unserer Sicht, dass die unteren Lohngruppen gestärkt werden.

Ich komme jetzt zum Schluss und sie werden sich nicht wundern, da ja auch dieses Jahr auf unsere Forderungen nicht eingegangen worden ist, dass wir auch dieses Jahr, die vorgelegte Haushaltssatzung ablehnen.

Manfred Weretecki,
Fraktionsvorsitzender DIE LINKE und DIE SO! im Kreistag Soest