Arbeitsbedingungen für 1-Euro-Kofferträger unzumutbar

Dirk Wilkens-Hagenkötter DIE LINKE. Soest & Kreis Soest

DIE LINKE übergibt Pavillon

DIE LINKE hält Arbeitsbedingungen der Kofferträger für unzumutbar

Seit letzter Woche stehen vor der Behelfsbrücke am Soester Bahnhof insgesamt acht sogenannte Servicekräfte in zwei Schichten, deren Aufgabe es ist, Alten und Behinderten mit ihrem Gepäck über diese Brücke zu helfen. DIE LINKE. Kreisverband Soest hält diese Dienstleistungen, die sicher notwendig sind für eine originäre Aufgabe der Bahn. Hier werden wieder einmal 1 Euro Jobs missbraucht, so LINKE-Kreisvorsitzender Manfred Weretecki, der Montag mit den unfreiwilligen Kofferträgern sprach und ihnen die Unterstützung der Partei DIE LINKE versprach.

Keine Frage, der Umbau des Soester Bahnhofs ist dringend notwendig, nicht zuletzt deshalb, weil er in Zukunft Behinderten- und Seniorengerecht zugänglich sein soll. Es ist selbstverständlich, dass in der Zeit des Umbaus nicht alles reibungslos laufen kann und dass es Probleme beim Überqueren der Behelfsbrücke gibt.

Nach dem sich einige Mitglieder des Soester Ortsverbandes von DIE LINKE am Bahnhof ein Bild gemacht haben, kam man zu dem Schluss, dass die Lösung, die nun umgesetzt wurde, völlig inakzeptabel ist, stellt OV Sprecher Dirk Wilkens-Hagenkötter, entrüstet fest. Über die SEN hat die Stadt Soest sogenannte Ein-Euro-Jobber gesucht, die den bedürftigen Fahrgästen die Koffer tragen sollen. Es war von Freiwilligen die Rede. Aber kann man von einem freien Willen sprechen, wenn einem das ALG II gekürzt wird, falls man den Job ablehnt? Die Ein-Euro-Jobber bekommen für ihre sechs Stunden Arbeit am Tag insgesamt 9,- Euro. Sie sind nicht ordentlich sozialversichert. Sie bewirken nur minimale Einzahlungen in die Rentenkasse, erhalten keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und haben keinen Betriebsrat oder sonstige Arbeitnehmerrechte. Sie werden häufig von Fahrgästen angepöbelt, entweder weil ein Zug Verspätung hat oder weil sie keine Auskünfte über den Fahrplan geben können oder weil jemand, Dampf ablassen muss. Sogar der von den Medien verbreitete Status des Ein-Euro-
Jobbers verursacht Probleme, da sich nun einige junge kerngesunde Soester dazu berufen fühlen, die Servicekräfte als kostenlose Taschenträger zu missbrauchen oder ihren Spott mit ihnen zu treiben.

Die Arbeitsbedingungen vor Ort sind für die Verwaltung der Stadt als Initiator und Auftraggeber eine Schande. Es gab keine Sitzgelegenheiten, also wurden 2 billige Plastik-Stühle angeschafft, damit die zwei Kräfte, sich gelegentlich setzen können. Nun werden diese Stühle aber auch von Reisenden benutzt, denen der Treppenauf- und
abstieg zu anstrengend war.

Für Regen haben die Servicekräfte je einen Regenschirm von der Provinzial gesponsert bekommen. Sie haben aber keine wirkliche Rückzugsmöglichkeit für eine Pause oder auch keinen echten Unterstand bei Regen. Ein kleiner Pavillion würde hier vielleicht schon viel helfen können. Um ein Zeichen zu setzen überlassen der Kreisverband und der Ortsverband der LINKEN den acht Servicekräften jetzt einen solchen Pavillon. Dieser wurde am 20.05.08 um 15:45 Uhr übergeben.

www.die-linke-soest.de

 

 


Artikel in "Neues Deutschland" 04.08.2008
http://www.neues-deutschland.de/artikel/133209.koffertraeger-von-der-arbeitsagentur.html?sstr=kofferträger

Kofferträger von der Arbeitsagentur
Hartz IV-Empfänger müssen Reisenden in Soest das Gepäck hinterhertragen
Von Peter Nowak

Im westfälischen Soest geht man bei der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen neue Wege. Seit kurzem werden dort ALG II-Empfänger als Gepäckträger eingesetzt.

94 Stufen hinauf und wieder hinunter, mit einem schweren Koffer in der Hand – und das bei hochsommerlichen Temperaturen. Da kommt Bernd Wetzke ganz schön ins Schwitzen. Er gehört zum Team von acht Ein-Euro-Jobbern, die seit dem 28. Juli Bahnreisenden im nordrhein-westfälischen Soest beim Koffertragen helfen. Im Rahmen von Umbauarbeiten am dortigen Hauptbahnhof wurde eine 94-stufige Behelfsbrücke installiert, die Passagiere nutzen müssen, um die Bahnsteige zu erreichen.
Die Ein-Euro-Jobber sollen nun bis Ende 2008 im Schichtwechsel – jeweils von 7.30 Uhr bis 19.30 Uhr – ihren schweren »Dienst« verrichten. Auch Samstag müssen die preiswerten Kofferträger von 9.00 bis 14.00 Uhr den Reisenden zur Verfügung stehen. Für hilfsbedürftige Bahnkunden sind sie leicht auszumachen, denn die Männer müssen leuchtend rote Jacken tragen. Für ihre Arbeit bekommen sie, zusätzlich zu ihren Hartz IV-Leistungen, monatlich 180 Euro. Das entspricht einem Stundenlohn von 1,50 Euro. Der Kreisvorsitzende der LINKEN in Soest, Manfred Weretecki, hält den Service für notwendig, kritisiert aber die Umsetzung. Bei dem Projekt würden für eine Aufgabe der Bahn Arbeitslose missbraucht. »Die Kofferträger sind nicht ordentlich sozialversichert, erhalten keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und haben keinen Betriebsrat oder sonstige Arbeitnehmerrechte« meint Dirk Wilkens-Hagenkötter von der LINKEN Soest. Der Geschäftsführer der »Arbeit Hellwig Aktiv« (AHA) in Soest, die gemeinsam mit Stadt und Bahn für das Projekt verantwortlich ist, zieht gegenüber ND eine positive Bilanz der ersten Einsatzwoche. Beschäftige und Kunden seien zufrieden gewesen. Es habe sogar weitere Anfragen von Erwerbslosen gegeben, die auch Interesse an den Projekt bekundet hätten. Die Beschäftigung erfolge auf freiwilliger Basis, betonte Helle. »Die Erwerbslosen werden vorher gefragt, ob sie Interesse an einer Teilnahme haben. Lehnen sie ab, wird keine Kürzung des Arbeitslosengeldes vorgenommen.« Auch gegen Kofferträger, die das Projekt wieder verlassen haben, seien keine Sanktionen verhängt worden. Ein Mitarbeiter der LINKEN erklärt allerdings gegenüber ND, dass Betroffene darauf hingewiesen worden seien, dass eine Weigerung auch Leistungskürzungen nach sich ziehen könnten.
Auch auf Internetforen von Erwerbslosengruppen wird das Soester Modell heftig kritisiert. »Wäre jemand auf die Idee gekommen, einen Kofferträgerservice zu eröffnen und Leute einstellen, wäre das Ordnungsamt in Erscheinung getreten und hätte fehlende Aufenthalts- und Sanitärräume bemängelt«, heißt es dort beispielsweise. Fehlende Rückzugsmöglichkeiten in Pausen und ein unzureichender Regenschutz monierte auch der Ortsverband der LINKEN nach einem Ortstermin mit den Kofferträgern. Im Anschluss haben Kreis- und Ortsverband der Partei den Servicekräften einen kleinen Pavillon überlassen. Für den AHA-Geschäftsführer sind solche Spenden entbehrlich. »Immer dann, wenn Kritikpunkte auftauchten, werden diese unverzüglich abgestellt.«


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