Kinder haben Zukunftsängste

Christel Spanke

Warstein braucht eine Gesamtschule

Wie lange lassen wir noch zu, dass die Interessen unserer Kinder verkauft werden?

Immer mehr Kinder haben Zukunftsängste, werden davon depressiv oder schlagen zurück. Schon 6-jährige werden aus dem behüteten Kindergarten in ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen und in Busse gepfercht und zu Schulanstalten kutschiert.

Dort geht es sofort mit dem Leistungsdruck los. Die Industrie braucht anpassungsfähige, genormte Arbeitskräfte, die jede Belastung ohne Murren ertragen und trotz Hungerlöhnen brav leisten. Darauf sind unsere Schulen ausgerichtet. Sie sind Handlanger unserer neo-liberalen Wirtschaft. Leistung um jeden Preis, wer nicht spurt, wird aussortiert.

Ab der dritten Klasse müssen sich die Kinder im Konkurrenzkampf sputen, sonst droht der Abstieg. Die "Versager", die kreativen, die sensiblen, die unangepassten und oft die armen Kinder werden aussortiert. Für sie ist kein Platz an den Gymnasien. Die Elite, die ihre Kinder mit genügend Nachhilfe durch die Schulen schleust, denkt nicht daran, die Anderen teilnehmen zu lassen oder zu fördern. Man ist gern unter sich. Die so genannten Besseren der Gesellschaft. Es wird Zeit das Warstein eine Gesamtschule bekommt.

Und die Kinder? Nicht alle machen diese Selektion anstandslos mit. Viele, auch einige der Gutsituierten brechen aus, weil sie das Unrecht nicht mehr ertragen. Sie streiken, verlieren die Lebenslust und manch einer läuft Amok, weil die Zustände in unserer Gesellschaft unerträglich sind. Die Zahl der Kinder, die keine Zukunft mehr für sich sehen, nimmt zu.

Lassen wir sie doch ein wenig länger Kind sein, geben wir ihnen Zeit zu schauen, zu experimentieren und testen. Vor allem die Jungen werden mittlerweile benachteiligt und brauchen Raum sich auszuprobieren?

Schaffen wir doch Schulen, die nicht nur Lehranstalten, sondern auch Treffpunkte für die Jugend sind und wo sich Kinder auch wohl fühlen. Dazu müssten die Schulen aber viele und gut erreichbar sein.

Und auch morgens nicht so früh anfangen. Wenn Kinder um 6.00 Uhr aufstehen müssen, um dann mit dem Bus in die Nachbargemeinde zu fahren, sind Leistungslust und Lernfreude schon das erste Mal ruiniert?

Wie gespannt und stolz ist ein Kind, wenn es zum ersten Mal eine Schule betritt, wie neugierig will es die Welt erkunden und wie schnell entwickeln sich dann Unlust und Hass, weil es seine persönlichen Stärken nicht entwickeln kann. Es wird nicht miteinander gelernt, sondern im Gegeneinander um gute Noten gekämpft. Die Ursache sind auch zu große Klassen, ungleiche Lernbedingungen, zu starre Unterrichtsinhalte und oft völlig desillusionierte Lehrer, die genauso unter diesem lieblosen nur an wirtschaftlichen Interessen ausgerichteten System leiden.

Warum schaffen wir nicht eine übergeordnete konfessionslose Schule mit mehreren Dependancen, dann könnten alle Kinder die nächstgelegene Schule besuchen und würden nicht auseinander gerissen, nur weil sie unterschiedlichen Religionsgemeinschaften angehören. Fahren könnte doch ein Teil der Lehrer. Machen wir die Klassenzahlen kleiner. Schüler und Lehrer würden ausgeglichener sein.

Bevor sie jetzt ‚‚Aber was das kostet’’ denken, sollten sie sich fragen, wie viel Verlust für die Gesellschaft bedeuten die heutigen Schulabgänger ohne Abschluss, ohne Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeit. Die so genannte Generation Praktikum.

Ihr Leben lang können sie sich nicht ohne Hilfe ernähren, geschweige denn einen sinnvollen Beitrag in die Rentenkassen einzahlen. Und ihr Leben lang müssen sie mit der Chancenlosigkeit leben. Das macht krank und kostet. Und wie sollen sie ihre Kinder zu glücklichen Menschen erziehen und ihnen aufzeigen, wie man ein erfülltes Leben führt.

Es liegt an denen, denen es noch gut geht, dafür zu sorgen, dass die Ausgegrenzten neue Chancen bekommen. Dafür brauchen wir Schulen, die der humanistischen Bildung dienen und nicht vorrangig der späteren wirtschaftlichen Verwertung. Und zudem brauchen wir mehr Arbeitsplätze, deren Bezahlung für ein sinnvolles Leben ausreicht.

Sieht man eine Chance, lohnt es sich dafür auch etwas zu tun.

Zuviele haben heute keine Chancen mehr, das Elend nimmt zu und das wird richtig teuer.

Christel Spanke
Mitglied des Sprecherrates DIE LINKE. Warstein