Lippstadt: Weitere Stolpersteine verlegt

Stadt Lippstadt

Pressemitteilung von Freitag, 9. Juni 2023

Junge Menschen erinnern bei Veranstaltung an die Familien Sostheim, Cohn und Hammerschlag

Lippstadt. "Es war ein Traum, den ich hatte und ich hätte nicht gedacht, dass er in Erfüllung gehen würde." Mit bewegenden Worten bedankte sich Deborah Thorne am Mittwochmorgen in einer kurzen Ansprache, nachdem der Künstler Gunter Demnig vor dem Haus Wiedenbrücker Straße 14 fünf Stolpersteine für Margarethe, Erna, Paul, Ruth und Walter Sostheim verlegt hatte. Es sei wichtig zu erinnern und sie sei dankbar, dass es der Stadt auch ein Anliegen ist, das Gedenken an ihre Familienmitglieder, die Opfer des Naziregimes geworden sind, aufrechtzuerhalten. "Wir haben eine Verantwortung gegenüber der Vergangenheit und auch eine Verantwortung für die Zukunft", so Thorne, die mit ihrem Ehemann und einer langjährigen Freundin der Familie aus den USA zur Stolpersteinverlegung gekommen war.
 
Insgesamt zwölf Stolpersteine für Mitglieder von drei jüdischen Familien verlegte Gunter Demnig am Mittwoch in Lippstadt – jeweils dort, wo diese ihren letzten selbstgewählten Wohnort hatten. Neben der Wiedenbrücker Straße 14 sind dies das Haus Klusetor 31, wo die beiden Schwestern Toni und Elfriede Sostheim gelebt hatten, bevor sie nach England bzw. Spanien geflohen waren, sowie die Luchtenstraße 22, wo die bereits verwitwete Toni Cohn mit ihren Töchtern Edith und Ilse Cohn bis zur Flucht nach Südamerika gelebt hatte.
Vor dem Haus Lange Straße 63 erinnern seit Mittwoch zwei Stolpersteine an das Schicksal von Helene und Iwan Hammerschlag, die seit ihrer Deportation nach Polen im Jahr 1942 als vermisst gelten. Aus Südafrika und den USA waren Mark und Lennard Hammerschlag, Großneffen von Iwan Hammerschlag, gekommen, um an der Stolpersteinverlegung teilzunehmen.
Sie hatten sich ebenso wie Deborah Thorne und ihr Ehemann Jerry Esrig sowie Dr. Cathy Tschannen als Freundin der Familie in das Gästebuch der Stadt Lippstadt eingetragen.
 
Mehr als 100.000 Stolpersteine hat der Künstler Gunter Deming seit Beginn des Projektes im Jahr 1996 verlegt – nicht nur in Deutschland, sondern auch im europäischen Ausland. 100.000 sei eine Zahl, die erschrecke und betroffen mache angesichts der unzähligen individuellen Schicksale, die dahinter stehen, sagte Bürgermeister Arne Moritz. Nichtsdestotrotz seien sie auch ein Zeichen dafür, dass eine intensive Beschäftigung mit eben jenen menschlichen Schicksalen erfolge und damit auch weiterhin eine Auseinandersetzung mit den Gräueltaten der Nationalsozialisten. "Gerade, weil es immer weniger Zeitzeugen gibt, ist es wichtig, die Erinnerung wachzuhalten und in Gedenken an die vielen Opfer immer wieder für Frieden und Freiheit einzutreten."
 
Auch Kamil Czaja vom Integrationsrat der Stadt Lippstadt und Holger Künemund, stellvertretender Kulturausschussvorsitzender betonten die Wichtigkeit des Erinnern und Gedenkens, aber auch, dass Lippstadt heute eine offene Stadt ist, in der sich Menschen unterschiedlicher Kulturen begegnen und miteinander friedlich leben.                  
 
Mit der Geschichte der Familien Sostheim, Cohn und Hammerschlag hatten sich Schülerinnen und Schüler der Marienschule und des Evangelischen Gymnasiums sowie die Konfirmandengruppe Lippstadt-Hörste intensiv beschäftigt. An allen vier Stationen schilderten sie, wie das Leben der Familien vor und während des Nationalsozialismus in Lippstadt gewesen war. Die zahlreichen Gäste, die zur Verlegung gekommen waren, hörten über beruflich erfolgreiche, sozial engagierte, anerkannte und beliebte Menschen und über die Schicksale, die sie während der NS-Zeit erlitten haben. So erfuhren die Zuhörer an der Wiedenbrücker Straße 14, dass einzig Erna Sostheim Deportation und KZ überlebte, während ihr Mann Paul, ihre Geschwister Margarethe und Walter sowie ihre Schwägerin Ruth in Konzentrationslagern ermordet wurden.
 
Die beeindruckende Darstellung der jungen Menschen, die zu ihren Vorträgen Fotos der jeweiligen Personen und auch eigene, zum Thema erarbeitete Collagen präsentierten, sorgte zusammen mit dem Klarinettenspiel von Musikschullehrer Roland Danyi für einen würdevollen Rahmen für die Verlegung der Stolpersteine. Auch das Rahmenprogramm in der ehemaligen Lippstädter Synagoge, das anlässlich der Stolpersteinverlegung stattfand, war am späten Nachmittag noch gut besucht. Neben einer historischen Führung durch das Gebäude erhielten die Besucher auch eine Führung durch die Ausstellung "Grünebergs sind verrückt" der israelischen Künstlerin Michal Fuchs statt. Die Ausstellung wird präsentiert vom Kulturraum Synagoge e.V. und kann noch bis zum 19. Juni 2023 jeweils Freitag bis Sonntag von 15 bis 18 Uhr  besucht werden.



Die neuen Stolpersteine befinden sich hier:

  • Wiedenbrücker Straße 14
  • Luchtenstraße 22
  • Klusetor 31
  • Lange Straße 63

    Im Dezember 2019 hat der Rat der Stadt Lippstadt auf Antrag der Fraktion DIE LINKE beschlossen, dass in Lippstadt "Stolpersteine" verlegt werden. Das Projekt wird fortgesetzt.

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