Soest: Haushaltsrede 2025
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
noch im Februar habe ich mich gegen einen Doppelhaushalt ausgesprochen, allerdings muss ich feststellen, dass nach der Erklärung von Dr. Ruthemeyer nicht weiter als Bürgermeister zu kandidieren und dass im November 25 ein neuer Rat seine Arbeit aufnimmt, ein Doppelhaushalt vielleicht doch keine sooo schlechte Idee ist.
Egal ob der neue Bürgermeister bzw. die neue Bürgermeisterin Helena Brüggemann, Christian Eckhoff, Marcus Schiffer oder vlt. Winfried Hagenkötter heißt, er oder sie wird sich erst einmal in die neue Aufgabe einarbeiten müssen. Das bedeutet intensive Gespräche mit der Verwaltung, Herausarbeitung neuer Ziele und Strategien, Schaffung eines schlagkräftigen Teams. Bevor ein Haushaltsvorschlag auf dem Tisch liegt, wäre es Frühling, bis die Beratungen in den Fraktionen abgeschlossen sind früher Sommer. Bis dahin wäre Soest handlungsunfähig. Dann also doch lieber ein Doppelhaushalt.
Meine Damen und Herren,
der Doppelhaushalt kommt mit einem gewaltigen Minus daher – in zwei aufeinander folgenden Jahren mit jeweils rund 18 Mio. Euro Minus. Das ist nicht die Schuld einer überbordenden Ausgabenpolitik der hiesigen Fraktionen oder gar des Bürgermeisters, sondern die Schuld liegt an den weiteren Aufgabenzuweisungen an die Kommunen und Steuersenkungen des Bundes. Der Bund und das Land machen sich einen schlanken Fuß, während die Städte und Gemeinden in NRW anfangen an Krücken zu laufen.
Über die Hälfte aller Kommunen in NRW haben inzwischen defizitäre Haushalte. Wenn Land und Bund nicht irgendwann eingreifen, werden die meisten Kommunen in zwei, drei Jahren in der Haushaltssicherung stecken.
Soest kommt trotz der riesigen Defizite bisher noch glimpflich davon. Die positiven Haushaltsabschlüsse der vergangenen Jahre haben dazu geführt, dass die Ausgleichsrücklage auf die für Soest gewaltige Summe von 55 Mio. Euro aufgestockt werden konnte. Das hilft, ein paar Jahre diese riesigen Verluste auszugleichen.
Meine Damen und Herren,
dieses Szenario bedeutet nicht, dass wir unsere Ziele zur klimaneutralen Smart-City und Aspekte der sozialen Gerechtigkeit aufgeben müssen. Sondern wir müssen die Mittel die uns bleiben, und das sind schon noch ein paar, gezielt einsetzen. Natürlich gehören auch eine Konsolidierungsrunde und eine beständige Aufgabenkritik dazu. Haushaltsberatungen gehören im Übrigen auch dazu - die Fraktionen tauschen sich darüber aus, was dringlich gemacht, welche mittelfristigen Ziele verfolgt und was auf die lange Bank geschoben werden soll.
Meine Damen und Herren,
auch die Neufestlegung der Grundsteuern ist kein Problem, welches die Kommunen verursacht haben, sondern auch hier ist der Auslöser extern. Das Bundesverfassungsgericht hat vor 6 Jahren festgestellt, dass die bisherige Bemessung der Grundsteuern ungerecht und somit verfassungswidrig ist. Die zugrunde gelegten Bewertungen der Grundstücke und Häuser waren nach Ansicht des BVGs seit 1964 so verzerrt, dass die Bewertung aller Grundstücke in Deutschland auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt werden musste, um Gleichbehandlung und somit Gerechtigkeit zu schaffen.
Jetzt liegen eine neue gerechtere Bewertungsgrundlage und die entsprechenden Messwerte vor. Da die Messwerte tendenziell nach unten korrigiert wurden, müssen die Hebesätze in Soest steigen, um „Aufkommensneutral“ zu bleiben.
Dass der Hebesatz der Grundsteuer A von 329 % auf 493 % und die Grundsteuer B von 607 % auf jetzt 781 % steigt, ist keine Steuererhöhung, denn vorher wurden 10,69 Mio. Euro bei der Grundsteuer B eingenommen, nach dem neuen Recht 10,68 Mio. Euro.
Dass am Ende der Eine oder die Andere mehr oder weniger Grundsteuern zahlen muss, ist in der Absicht des Bundesverfassungsgerichts gewesen, denn es hatte ja festgestellt, dass die Bemessung bisher ungerecht war. Ob die neuen Messzahlen des Bundes gerecht sind, muss wiederum das BVG beurteilen. Geklagt wird hier in erster Linie gegen ein Bundesgesetz. Kommunen legen nur den Hebesatz fest. Selbst eine Festlegung auf 1.050 % in der Gemeinde Lautertal im Odenwald führte 2018 zu keiner erfolgreichen Klage.
Wenn man aber von dieser Praxis abweicht und als Kommune selber differenzierte Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke festlegt, fordert man Klagen geradezu heraus. Und nur weil das Land diese unterschiedliche Festsetzung erlaubt hat, heißt das noch lange nicht, dass die Gerichte das auch so sehen. (tun sie nämlich häufig nicht!)
Meine Damen und Herren,
der vorliegende Doppelhaushalt lässt keine großen Sprünge zu, aber er ist vermutlich immer noch das Beste, was wir aus der Situation machen können, denn noch sind dank der riesigen Ausgleichsrücklage unsere Hände nicht gebunden und diverse Vorhaben und Ziele sind noch erreichbar.
Die Fraktion Die Linke unterstützt den Doppelhaushalt für 25/26.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Winfried Hagenkötter
Fraktion Die Linke, Fraktionsvorsitzender