Der Haushalt ist Murks!

DIE LINKE. Ratsfraktion Soest

Haushaltsrede 2012

Ratssitzung Soest, 14. Dezember 2011

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

im März habe ich hier gestanden und die Zunahme der Kassenkredite kritisiert und eine Erhöhung der kommunalen Steuern angemahnt. Jetzt, acht Monate später, sprechen wir über den nächsten Haushalt – und Nichts hat sich geändert!
Sicherlich, Haushaltsplanung in Zeiten knapper Kassen ist kein Zuckerschlecken und der Bürgermeister und sein Kämmerer haben eine schwierige Aufgabe zu lösen. Da wird geschoben, gebogen und ausgeglichen. Was uns dann vorgelegt wurde, ist Murks.
Dann kommt da auch noch in letzter Minute der Kreis und verlangt (eigentlich völlig zu recht, denn der Kreis kann auch nicht von Luft und Liebe existieren) eine um 900.000 Euro höhere Kreisumlage als ursprünglich geplant.
Wieder wird geschoben, gebogen, ausgeglichen. Besser wird das Ergebnis keines Falls – es wird eher schlimmer.

Meine Damen und Herren,
das Ergebnis kann kaum besser werden, wenn man die Ursache nicht angeht. Das was der Bürgermeister und der Kämmerer machen, ist auf jede neue Wunde ein kleines Pflaster zu kleben. Dass der Patient bereits chronisch krank ist und ein Pflaster keine Therapie ersetzt, scheint den beiden unbekannt zu sein.
Das Defizit wird für 2012 6,2 Millionen Euro ausmachen. In der Fortschreibung für die folgenden Jahre soll das Defizit zwar von 5,8 über 5,4 zu 3,7 Mio Euro schrumpfen. Aber ein Defizit ist immer noch ein Defizit.
Und wie wird dieses Defizit finanziert? Durch Schulden! Genauer gesagt über Kassenkredite.
In 2012 werden die Kassenkredite auf rasante 33 Mio. Euro angestiegen sein – langfristigere Darlehen gar nicht eingerechnet.

Die Zinsen für alle städtischen Kredite steigen auf weit über 5 Mio. Euro pro Jahr.
Und was macht der Bürgermeister? Klebt ein Pflaster drauf!
Das Abwasserwerk muss 400.000 Euro abdrücken, die es eigentlich selber braucht.
Die KBS muss mit weniger auskommen, als sie eigentlich benötigt.
Die ZGW muss städtisches Eigentum veräußern, um die Stadt vor dem Bankrott zu retten.
Die Sparkasse trägt 200.000 Euro vom Zuschuss der Stadt an die Musikschule. Endlich mal eine gute Idee. Man fragt sich aber warum die Sparkasse das nicht schon die ganze Zeit macht?
Die Stadtwerke müssen 1 Mio. Euro mehr als geplant an die Stadt Soest abdrücken – aber die Stadtwerke haben‘s ja.
Ganz im Gegensatz zur Stadthalle, die mit 360.000 Euro Zuschuss weiterhin am Tropf der Stadt hängt. Sicherlich eine minimale Besserung. Die Genesung dieses Patienten ist aber auf lange Sicht nicht absehbar.
Schlimmer noch treibt es die Wirtschaftsförderung. Die schafft es über den städtischen Zuschuss in Höhe von 330.000 Euro hinaus, weitere 143.000 Euro Miese zu machen – finanziert über Kassenkredite. Man traut sich bei der WiFö gar nicht nachzufragen, wie hoch sich deren Schulden in den letzten Jahren aufgetürmt haben, denn übermäßige Aufregung könnte den Patienten umbringen.

Meine Damen und Herren,
es ist auch nicht alles schlecht, was uns von der Verwaltung vorgestellt wird. Auch wenn die Stadtwache immer noch so überflüssig wie ein Blinddarm ist, der sich ab und an entzündet, ist es sicherlich ein Fortschritt, wenn die dort geschaffenen zeitlich befristeten Stellen endlich in unbefristete Stellen umgewandelt werden. Und auch die Streetworker-Stellen werden in feste umgewandelt. Das gibt den dort Beschäftigten die Möglichkeit sich einzurichten und eine berufliche Perspektive zu entwickeln. Die städtischen Beschäftigten haben ein Anrecht auf eine auskömmliche Entlohnung um gut leben zu können und Verlässlichkeit, um eine Familie gründen zu können. Die Stadt Soest hat hier eine Verantwortung seinen Beschäftigten gegenüber.

Meine Damen und Herren,
die Stadt gibt sich Jahr für Jahr ein Strategisches Zukunftsprogramm, in diesem Jahr in einer neuen überarbeiteten Fassung. Wir, der Rat, haben uns in einem Workshop ausführlich damit beschäftigt Gutes, Sinnvolles, manchmal auch der Erwähnung Überflüssiges hinein zu schreiben.
Mit Blick auf die städtischen Finanzen, fällt mir dazu nur Justinus Kerner (Kaiser Rudolf’s Ritt zum Grabe) ein:
„Stark am Geist, am Leibe schwach.“
Was sollen denn all die guten und sinnvollen Worte, wenn es doch der Stadt an Mitteln fehlt, sie auch umzusetzen?!
Wir geraten in einen Sog von Sozialkürzungen und hoher Verschuldung, die vorrangig diejenigen trifft, die sich am schlechtesten dagegen wehren können: Kinder, Jugendliche und Menschen mit geringem Einkommen.
Die Menschen brauchen öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen wie Jugendtreffs, Büchereien, Museen, die VHS, Sportplätze, Kindertagesstätten und Schulen. Und jede Bürgerin und jeder Bürger muss daran teilhaben können, unabhängig vom Geldbeutel.
Auch für die Gewerbetreibenden ist eine lebendige und zukunftsfähige Stadt mit einer ausgezeichneten Infrastruktur absolut unverzichtbar. Effiziente öffentliche Dienstleistungen und gute Einrichtungen im Bereich Soziales, Kultur, Bildung, Jugend und Sport sind Grundlage ihres geschäftlichen Erfolges.
Für all das braucht eine Kommune Einnahmen und die Soester Gewerbetreibenden haben starke Schultern, um sich an den Kosten des Gemeinwesens zu beteiligen.

Meine Damen und Herren,
wenn ich von Schule und guter Bildung spreche, meine ich natürlich nicht die verfehlte Schulpolitik der Verwaltung. Auch eine Sekundarschule ist keine Lösung, sondern eine Zumutung für Schüler und Eltern.
Die NRW-Kompromisslösung von SPD, Grüne und CDU namens Sekundarschule führt zu einer Zementierung des gegliederten Schulsystems, nicht zu seiner Auflösung. Die Sekundarschule ist inhaltsleer, führt nur bis zum Ende der Sekundarstufe 1 und ist letztlich nur eine schöne neue Verpackung für ein Modell, welches auch vorher schon nicht zufriedenstellend funktioniert hat. Wenn man ein Schulmodell verfolgen möchte, das zu qualitativ guten Abschlüssen bis hin zum Abitur führt, dann sollte sich der Soester Rat für die Gesamtschule entscheiden. Jahr für Jahr muss fast die Hälfte aller Bewerber für die Hannah-Arendt-Gesamtschule abgewiesen werden, weil die Schule zu klein ist.
Deshalb beantragen wir im Haushaltsbuch unter dem Produkt 003.007 „Zentrale Leistungen für Schüler und am Schulleben Beteiligte“ als 4. Jahresbezogenes Produktziel folgendes aufzunehmen: „Die Verwaltung hat Planungen zur Einrichtung einer zweiten Gesamtschule vorgelegt.“

Meine Damen und Herren,
es muss nicht nur dafür Sorge getragen werden, dass Soest in seinem Haushaltshandeln frei bleibt von Spardiktaten der Kommunalaufsicht. Ein Vorbeischrammen an der 5 % Grenze führt die Stadt zu keiner Gesundung. Denn letztlich ist das Aufzehren der allgemeinen Rücklage die Aufzehrung des Eigenkapitals – und Soest wird bald unrettbar überschuldet sein. Allein die Zinsen für den immer weiter steigenden Schuldenberg werden der Stadt die Luft zum Atmen nehmen.
Mit dieser Aussicht auf die stark steigende Verschuldung müssen wir auch auf die Einnahmenseite schauen und für ausreichende Finanzmittel sorgen. Denn Aufgabenkritik und Sozialkürzungen sind hier kein Heilmittel.

Das hat sogar schon der Bürgermeister erkannt, als er in der letzten HFA-Sitzung kleinmütig eingestehen musste, dass es wohl ohne Steuererhöhungen nicht mehr so weiter geht.
Herr Bürgermeister, es geht schon lange nicht mehr so weiter und ich kann Ihr weiteres zögern und zaudern nicht nachvollziehen. Der Schuldenberg wächst jedes Jahr weiter und weiter, der Patient Stadt siecht immer weiter dahin. Und was machen Sie?
Kleben ein Pflaster drauf!
Die richtige Therapie ist die Erhöhung der kommunalen Steuern – nicht morgen oder übermorgen, sondern heute noch.
Deshalb beantragen wir hier und jetzt, die Gewerbesteuer für 2012 um 10 % Punkte anzuheben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
im vorliegenden Haushaltsbuch ist alles nur geschoben, gebogen und auf Pump. Die Lasten sind unsozial verteilt. Der Haushalt ist verzagt, hat keine eigene Substanz mehr, er ist phantasielos und lässt jeden Streif am Horizont vermissen! So kann man den Patienten Stadt nicht retten.

DIE LINKE Fraktion wird diesem Haushalt nicht zustimmen.

Vielen Dank.

Winfried Hagenkötter
DIE LINKE Fraktion, Fraktionsvorsitzender

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