Lippstadt: Mein Bericht aus dem Rat ohne Rat

DIE LINKE. Ratsfraktion Lippstadt

Liebe Lippstädterinnen und Lippstädter!

Wegen der "pandemischen Lage" fanden seit Mitte März keine Sitzungen von Rat und Ausschüssen mehr statt.

Am 27. Mai (Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss), 28. Mai (Stadtentwicklungsausschuss) und 10. Juni 2020 (Haupt- und Finanzausschuss) fanden dann - hoffentlich einmalig - Sitzungen unter besonderen Bedingungen statt. 

Die Hände wurden desinfiziert bei der Ankunft, alle Anwesenden wurden registriert auch die Zuhörer*innen, es wurde mindestens 1,5 Meter voneinander entfernt gesessen in der Mensa des Realschulzentrums. Die üblichen Sitzungssäle im Rat- und Stadthaus wären zu klein gewesen. Zudem tagte der Haupt- und Finanzausschuss statt dem Rat mit erweiterten Kompetenzen. Alle Ratsmitglieder hatten dem zuvor zugestimmt.

Haupt- und Finanzausschuss:

Das Klimanetzwerk beantragte ein neues Klimaschutzkonzept zu erarbeiten und die Einrichtung einer Stelle für eine*n Klimaschutzbeauftrage*n. Die von Christof Sommer (CDU) geführte Verwaltung wies diese Vorschläge zurück. Mit der Bestätigung der alten Klimaziele im Stadtentwicklungsausschuss im Oktober 2019 waren wir schon unzufrieden. Diese heute viele Monate später nochmal zu bestätigten, wie die Verwaltung vorschlug, macht DIE LINKE nicht mit. Mehrere Fraktionen konnten sich mit dem Personal-Vorschlag des Klimanetzwerkes anfreunden, dieser soll später nochmal behandelt werden. Dem habe ich natürlich zugestimmt. 

Dem Aufbau eines Energiemanagementsystems bei der Stadt Lippstadt über Funk (LoRaWAN - Long Range Wide Area Network) habe ich zugestimmt. Es ist gut, dass hier etwas für den Klimaschutz und für Energieeinsparung getan wird! Es gibt dann künftig Daten, die wir damals in der Stadthauskommission vermisst haben.  

Dem Erlass der Sondernutzungsgebühren im Jahre 2020 für die Gastronomie habe ich zugestimmt. Auch der Auszahlung der Förderung freier Kulturträger trotz Ausfall von Veranstaltungen wegen Corona habe ich zugestimmt. Es müssen jedoch Kosten nachgewiesen werden. Das ist für viele Künstler*innen ein Problem und keine Hilfe. Die SPD hatte eigentlich anderes gefordert, stimmte aber zu. Ich habe mich gewundert aber trotzdem zugestimmt, denn sonst wäre ja gar nichts passiert.           

Die CDU hat beantragt, mit einer Resolution an das Land ZUSÄTZLICHE verkaufsoffene Sonntage ohne Anlassbezug (wie Volksfeste), zu fordern. Alle Fraktionen sagten, da könne man ja gar nicht dagegen sein. - Doch!
Meine Stellungnahme: "Auch die Verkäuferinnen und Verkäufer sind Helden des Alltags in der Corona-Krise: Ich sage Danke dafür und will sie nicht noch mehr belasten! Personal im Einzelhandel ist oft unterbezahlt. Es gibt viele unsichere Arbeitsverhältnisse. Es bräuchte Allgemeinverbindliche Tarifverträge und höhere Löhne! Die mögliche Corona-Öffnung am Sonntag wurde nicht genutzt. Die Öffnung laut Ladenschlußgesetz: 24 Stunden Öffnung Montag bis Samstag wird nicht ausgenutzt, es gibt also noch Spielraum! Man muss auch mal ausspannen und Zeit für Familie haben! Infektionsgefahr gibt es eher im Offline- nicht im Online-Handel, da kann man nichts daran ändern. Mehr Öffnungszeit bringt nichts, nur mehr Gefährdung durch Corona.
Ihr Antrag ist zynisch: Es fehlt an Kaufkraft und nicht an Öffnungszeiten! Weniger Geld zum Ausgeben durch Kurzarbeit. Weniger Geld zum Ausgeben durch Jobverlust! Weniger Geld zum Ausgeben weil der Betrieb kleiner Selbstständiger futsch ist! Da helfen auch ein paar Cent weniger Mehrwertsteuer nichts.
Wir stehen nicht sonntags vor geschlossenen Türen in der Langen Straße und begehren Einlass!"  

Der BG pflichtete ich bei. Sie hatte das Thema Vermüllung im Umfeld der Sammelcontainer auf die Tagesordnung setzen lassen. Ich finde, dass Sperrmüll zumindest 1- bis 2-mal im Jahr testweise wieder wie früher straßenweise kostenlos abgeholt werden sollte. (Umlegung der Kosten auf die allgemeine Müllgebühr.)

Am 3. Juni war ein Dringlichkeitsbeschluss ohne Wissen der kleinen Fraktionen ergangen, dass die Stadt für Juni und Juli auf OGS-Beiträge verzichtet. Per Presseerklärung der Stadt wurde dieser am 4. Juni verkündet.
Dieser Beschluss sollte jetzt im Hauptausschuss zurück genommen werden (nur hälftiger Erlass). Ich habe kritisiert, dass der Dringlichkeitsbeschluss entgegen Ansprachen ohne Wissen der kleinen Fraktionen ergangen ist und dass die Eltern sich schon freuen. Ich habe mit "Nein" gestimmt.

Stadtentwicklungsausschuss:
Der Stadtentwicklungsausschuss hat den Städtebaulichen Rahmenplan "Quartier Südliche Altstadt" inklusive dem Stadthausneubau nicht beschlossen sondern in eine Sondersitzung Ende Juni vertagt. Ich war mit der Planung weitgehend zufrieden mit Ausnahme der Radwege.

Die BG wollte die Werbesatzung wegen Corona befristet aufheben. Dafür bekamen sie nur Gegenwind. Es macht keinen Sinn die Altstadt weniger attraktiv zu machen, das hilft niemandem. Bei einer temporären Freigabe wird in Werbung investiert, die dann wieder weg muss. Das Durcheinander führt zu weniger Akzeptanz. 

Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss:

Der Umbau der Dunklen Halle ist grundsätzlich begrüßenswert zum Beispiel mit Verbesserung der bisher sehr beengten Bushaltestelle. Doch mit dem Beschluss aus dem Jahr 2019 waren in Bevölkerung und Politik dann doch viele unzufrieden.
Die geplante Stahlpergola statt der Hecke und der Wegfall von Bäumen - das geht garnicht. Die neue Planung hat diese Probleme beseitigt. Doch es kam zu Streit im Ausschuss über Parkplätze und E-Ladesäulen. Die CDU beantragte eine Umsetzung auf Basis des alten Entwurfs aus 2019. Dafür gab es 7 Stimmen. Der neuen Planung stimmten nur Grüne und DIE LINKE zu (= 2 Stimmen). Einem Kompromiss der Verwaltung stimmten dann 8 Ausschussmitglieder zu (SPD, Grüne, DIE LINKE, BG und CDL). Die FDP fehlte. Der Beschluss heißt: Die Trafostation bleibt am alten Ort, zwei Stellplätze bleiben erhalten, die Voraussetzungen für E-Ladesäulen sollen geschaffen werden und zusätzliche Fahrradständer sollen aufsteller werden.
Ich habe zudem vorgebracht, dass der Weg zur Bushaltestelle möglichst ebenerdig und barrierefrei gestaltet werden soll.

Der Radverkehr boomt in der Corona-Krise. Andere Städte gehen mutige schnelle Schritte. Die Grünen beantragen deshalb mehr Tempo für besseren Radverkehr. Die Verwaltung wiegelte ab, man sei auf dem Weg. Da in der Sitzung nichts Substanzielles vorlag, schlug ich vor die optionale Sitzung des Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschusses im August durchzuführen. Die Verwaltung soll über den Stand der Fortschritte berichten (wie Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplans, Parallel-Freigabe von Kfz-Verkehr und Radverkehr, Einsatz alternativer Anforderungssysteme für Fußgänger und Radfahrer an Signalanlagen, Abarbeitung der Mängelliste des ADFC, Aufstellung weiterer Fahrradständer).

Mit herzlichen Grüßen

Michael Bruns,

Vorsitzender DIE LINKE. Ratsfraktion Lippstadt