Gesetz ist Gesetz

Michael Bruns, Dirk Wilkens-Hagenkötter

Volksabstimmung über die Verfassung

Dirk Wilkens-Hagenkötter, Sprecher des DIE LINKE. Ortsverbandes Soest, hat auf der Mitgliederversammlung am 11.03.2008 kritisiert, dass die Deutsche Einheit nicht gemäß Artikel 146 Grundgesetz (alte Fassung) hergestellt wurde. Seiner Meinung nach wäre es konformer mit Artikel 146 a. F. - und zudem viel demokratischer - gewesen, wenn das vereinigte Deutschland sich eine neue Verfassung gegeben und das Volk darüber abgestimmt hätte. Damit ist er einer Meinung mit Staatsrechtswissenschaftlern wie dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter Mahrenholz, der eine (baldige) Volksabstimmung über das Grundgesetz bzw. die endgültige deutsche Verfassung nach der Vereinigung für zwingend notwendig hält.
Die Berichterstattung im Soester Anzeiger vom 13.03.2008 und Westfalenpost vom 12.03.2008 gibt dies unseres Erachtens missverständlich wider.

Das Grundgesetz hatte ursprünglich provisorischen (zeitlich befristeten) Charakter, deshalb wurde auch der Begriff "Grundgesetz" und nicht "Verfassung" gewählt. Der Parlamentarische Rat war nicht unmittelbar vom Volk gewählt, sondern mittelbar durch die Landesregierungen. Artikel 146 des Grundgesetzes besagte (in der Urfassung): "Diese Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tag, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist." Diese von den Vätern und Müttern des Grundgesetzes für die Wiedervereinigung vorgesehene Bestimmung wurde bei der Herstellung der vollen Souveränität und Einheit Deutschlands 1990 aber ignoriert. Die deutsche Vereinigung am 03.10.1990 geschah statt dessen durch Beitritt (gemäß Artikel 23 a.F.) der ehemaligen "DDR" zur Bundesrepublik. (Die Artikel 23 und 146 wurden 1994 geändert, letzterer weißt nun darauf hin, dass die Vereinigung statt gefunden hat.)

In den Programmatischen Eckpunkten der Partei DIE LINKE heißt es: "Das Grundgesetz ist mit seinen Grundprinzipien der unantastbaren Menschenwürde, des sozialen Rechtsstaats und der Demokratie ein Ausgangspunkt unserer Politik, weil darin eine demokratische Veränderung der Wirtschafts- und Sozialordnung mit dem Ziel einer gerechten, friedlichen Gesellschaft verankert ist."