Diskussion zum Thema Mindestlohn

Dirk Koch, Michael Bruns

Das Recht auf fairen Lohn

Podcast zur Veranstaltung hören hier

Interessierte Bürgerinnen und Bürgern sowie die Mitglieder des Kreisverbandes Soest der LINKEN diskutierten in der letzten Woche beim „Links trifft sich“ im Bürgerzentrum Alter Schlachthof in Soest über die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn.

Es referierte Herr Dr. Thorsten Schulten, Mitarbeiter beim Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI). Deutsche Wirtschaftsexperten würden ignorieren, dass die Erfahrungen mit der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes zeigen, dass dies zu keinen negativen Folgen etwa für die Beschäftigung führte. Mindestlöhne führen laut Herrn Dr. Schulten zu fairem Wettbewerb, Produktivitätssteigerung, steigenden Preisen, sinkenden Profiten und mehr privater Nachfrage. Wobei in der Bilanz die positiven Effekte überwiegen. In Großbritannien haben eine Millionen Beschäftige im Niedriglohnsektor vom gesetzlichen Mindestlohn profitiert, dies ohne negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung. Das bestätigen auch die Arbeitgeber.

In den meisten Ländern mit Mindestlöhnen haben Gewerkschaften und Unternehmer einen starken Einfluss auf die Mindestlohnhöhe. Dies bedeutet, dass nicht einfach von staatlicher Seite die Höhe festgelegt wird. Herr Dr. Schulten korrigierte die Einladung zu der Veranstaltung, in der noch von 8,44 Euro Mindestlohn in Frankreich die Rede ist, dieser wurde nämlich passend zum Tag der Arbeit auf 8,63 Euro angehoben.

Herr Dr. Schulten erklärte, dass es ein Recht auf fairen Lohn gibt. In der Landesverfassung NRW heißt es etwa in Artikel 24: „Der Lohn muss ... den angemessenen Lebensbedarf des Arbeitenden und seiner Familie decken.“ Er verwies darauf, dass die Europäische Sozialcharta von Deutschland ratifiziert wurde und Deutschland regelmäßig angemahnt wird, weil es das „Recht auf faire Löhne und Gehälter“ nicht umsetzt.

In 90 Prozent der Länder auf der Welt gibt es Mindestlöhne. 20 von 27 EU-Ländern haben einen gesetzlichen Mindestlohn, in den übrigen EU-Ländern gibt es andere Mechanismen oder eine fast vollständige Tarifbindung – nur in Deutschland gibt es keinen Mindestlohn, der Niedriglohnsektor nimmt immer größere Ausmaße an. Heute arbeiten 22% aller Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor – von Löhnen von denen man nicht leben kann.
Dr. Schulten verwies auf die politisch gewollte Situation. Durch die Hartz-Gesetze, Mini-Jobs, Leiharbeit und die Deregulierung von Arbeitsrecht wird der Niedriglohnsektor begünstigt. In Deutschland werden 2/3 aller Beschäftigten nicht mehr durch Tarifverträge geschützt. In manchen Branchen gibt es seit 10 Jahren keine Lohnerhöhung durch neue Tarifverträge. So beispielsweise im Erwerbsgartenbau in Sachsen-Anhalt mit einem Tariflohn von 2,75 Euro. In weiten Teilen funktioniert das Tarifsystem nicht mehr, daher muss der gesetzliche Mindestlohn kommen.

Herr Schulten erklärte, dass Hartz IV einem Mindestlohn von 8,14 Euro entspricht. Die Pfändungsfreigrenze entspräche 8,19 Euro; Die Armutslohnschwelle (50 % des durchschnittlichen Bruttolohnes) 10,00 Euro. Die Europäische Sozialcharta (60 % des durchschnittlichen Nettolohnes) entspricht einem Mindestlohn von 12,01 Euro brutto.

DIE LINKE fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 8 Euro, der in schnellen Schritten auf 10 Euro angehoben werden soll. Denn von Arbeit soll man leben können!

Ein aktueller Artikel zu Mindestlohndebatte hier
Ein aktueller Beitrag von Thorsten Schulten zum Thema Tariftreue hier
Aktuelle Mindestlöhne in Europa hier
Aktuelle Studie Niedriglöhne hier

Mindestlohnkampagne der LINKEN hier
Michael Schlecht (DIE LINKE): 8 Euro und dann schnell auf 10! hier
Unterschriftenliste Tariftreue hier

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