Lippstadt: Gute Arbeit für alle

Bürgermeisterkandidat Michael Bruns (DIE LINKE)

Ich sehe es als meine Aufgabe als künftiger Bürgermeister für gute und nahe Angebote an Kindertagesstätten, Schulen, Ärzten, Einkaufs-, Sport-, Kultur- und Freizeitmöglichkeiten, sowie für gute öffentliche Verkehrsverbindungen und bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Das macht Lippstadt attraktiv für Beschäftigte und Unternehmen.

Die bisher gute Investitionskraft der Stadt Lippstadt ist Grund zur Freude. Sie schafft Arbeit und eine gute Infrastruktur für die Menschen. Es konnte und kann massiv in Schulen, Sporthallen oder in den Erhalt des Stadttheaters investiert werden. Das Kita-Angebot wird weiter ausgebaut.

Wir müssen bis 2030 klimaneutral werden. Verwaltung, Schulen und Fahrzeuge müssen auf alternative Energieversorgung, Heizung und Antriebe umgestellt werden. Wir brauchen Investitionen in Fahrradfreundlichkeit, in den ÖPNV, in erneuerbare Energie und Energieeinsparung. Wirtschaft, Verwaltung und Bildung brauchen eine umfassende Digitalisierung, die Corona-Krise hat hier die Defizite deutlicher aufgezeigt. 

Strukturwandel und Modernisierung sind zu unterstützen, wie mit dem Digitalen Zentrum Mittelstand, der Hochschule und dem "IQ" - INNOVATION QUARTER, das von der städtischen GWL gebaut wird.

Wenn die Schließung von Betrieben mit vielen Mitarbeiter*innen droht, oder großer Personalabbau angekündigt wird, dann wird eigentlich jeder Bürgermeister zum Linken, bietet Unterstützung und Vermittlung an. Deutschland steht international wirtschaftlich gut da, weil es insbesondere in der Industrie zwischen Betriebsräten oder Gewerkschaften auf der einen Seite und Unternehmen auf der anderen Seite, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Interessenausgleich und Sozialpläne gibt. Da wundert es mich schon sehr, dass meine Mitbewerber*innen um das Amt des Bürgermeisters volles Verständnis für den angekündigten Personalabbau bei der Hella zeigten. Nur ich habe der Belegschaft, dem Betriebsrat und der Gewerkschaft viel Kraft und Durchsetzungsvermögen gewünscht. Denn Pläne der Geschäftsführung werden in aller Regel nicht 1:1 umgesetzt und sozial abgefedert. Das ist immer ein Prozess.      

Die Agenda 2010 hinterlässt bis heute ihre Zerstörungen in der Wirtschaft. Es ist nicht fair, dass jede*r fünfte Vollzeitbeschäftigte*r nur Niedriglöhne erhält und mindestens die Hälfte der angebotenen offenen Stellen Leiharbeit und Befristung sind. Lebens- und Familienplanung wird immer schwieriger. Viele Menschen sind arm trotz Arbeit: 30 Prozent der Hartz-IV-Bezieher*innen sind zusätzlich zum Hartz-IV-Bezug erwerbstätig. 

Ich nehme es nicht hin, dass in Lippstadt im Februar, vor Corona, schon über 2.500 Menschen offiziell erwerbslos waren, davon rund 900 Langzeitarbeitslose. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt in Lippstadt mit 6,4 % vergleichsweise hoch, doch die offiziellen Arbeitslosenzahlen werden schöngerechnet und sind in Wirklichkeit noch höher. Insbesondere kranke und ältere Arbeitslose oder die, die an einer Weiterbildung teilnehmen, werden nicht als arbeitslos gezählt. Richtig gerechnet sind 3,32 (und nicht 2,40) Millionen Menschen in Deutschland erwerbslos. Im Kreis Soest sind es rund 12.000 (statt 9.000) Menschen. Die tatsächliche Arbeitslosenquote im Kreis Soest beträgt 6,8 statt angeblichen 5,3 % (Stand: Februar 2020).

Wir brauchen eine Wende auf dem Arbeitsmarkt: In der Krise höheres und längeres Kurzarbeitergeld. Und grundsätzlich: 1. Mindestlohn von 13 Euro sofort, 2. sichere, gute Arbeitsverhältnisse statt unfreiwilliger Teilzeit, Minijobs, Befristung, Leiharbeit und Werkverträge, 3. das Arbeitslosengeld I muss länger gezahlt werden und die Ansprüche darauf schneller erworben werden, sowie 4. brauchen wir eine bedarfsgerechte und sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV.

Die Stadt Lippstadt und ihre Betriebe müssen sich zu Guter Arbeit und Ausbildung (über Bedarf) verpflichten und eine Vorbildfunktion übernehmen. Ausschreibungen sind so zu gestalten, dass neben der Wirtschaftlichkeit auch soziale Kriterien wie Tariftreue, fairer Handel und Mitbestimmung gewährleistet sind. Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen muss sich positiv auswirken. 

Ich will ein kommunales Arbeitsmarktprogramm: Die bisherigen „Arbeitsmarktinstrumente“ des Hartz-IV-Systems sind kläglich gescheitert. 1-Euro-Jobs, Bewerbertrainings oder 50-Plus-Programme haben den Betroffenen nichts gebracht. Diese Maßnahmen und die mit Hartz IV systematisch verbundene Praxis von Sanktionen und Leistungskürzungen sind demütigend, sowie menschenunwürdig und damit demotivierend. Sie gehören ersatzlos abgeschafft.

Stattdessen sind die Städte und Kreise sozialpolitisch in der Pflicht, Beschäftigung für Langzeiterwerbslose in den Kommunen in kommunalen Einrichtungen und über spezielle Beschäftigungsträger zu schaffen. Das soll durch öffentliche Förderung mit eigenen Mitteln und die Nutzung öffentlicher Fördermittel finanziert werden.

Für mich sind eine dauerhafte sozialversicherte Beschäftigung, tarifliche und existenzsichernde Bezahlung ohne Ausnahme vom gesetzlichen Mindestlohn, der Aufbau eigener Ansprüche auf Arbeitslosengeld I, die freiwillige Teilnahme (offene Bewerbung) und ein Vorrang für berufliche Qualifizierung und reguläre Ausbildungsabschlüsse Mindestbedingungen für gute Beschäftigung. Zu einem sozialen Arbeitsmarkt gehört eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 

Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist unter Einbeziehung der Personalräte so zu entwickeln, dass Arbeitsschutz, Qualifizierung und gute Entwicklungsmöglichkeiten für die Beschäftigten ebenso gewährleistet sind wie Bürger*innen-Nähe und die Optimierung von Abläufen. Die Personalbemessung bei der Stadt ist weiter mehr als auf Kante genäht. Auf dem Überstundenberg türmen sich (vor Corona) über 90.000 Stunden. Hier ist gegenzusteuern. Die Vorschläge von Belegschaft und Personalrat müssen gewürdigt werden. 

Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben und städtischer Gesellschaften lehne ich ab. Öffentliche Aufträge sollen nach Möglichkeit tarifliche Bezahlung, Regionalität, Inklusion und den Umweltschutz fördern.

Ich will eine lebendige Altstadt ohne dauerhafte Leerstände. Handel und Dienstleistungen brauchen ein attraktives Umfeld, das die Menschen anzieht. Öffentliche und kulturelle Einrichtungen gehören in die Innenstadt und beleben sie genauso, wie kulturelle Veranstaltungen vom Rathausplatzfestival bis zum Altstadtfest. Ich will ein sauberes Stadtbild, Bäume und Grün, ausreichend Bänke, Kunst und Kultur in der City. Dazu gehört auch ein Bürger- und Kulturzentrum in der Altstadt. 

Die Wirtschaftsförderung soll gezielt kleine und mittlere Unternehmen fördern, die es schwer haben mit Ketten und globalen Konzerne wie Amazon mitzukommen. Inhabergeführte kleine Geschäfte sind das Salz in der Suppe im Einzelhandel der Altstadt. Ich möchte für wettbewerbsfähige Mietkonditionen sorgen. Es sollte einen Online-Marktplatz für lokale Händler*innen geben. Kund*innen können Produkte von lokalen Händler*innen einfach und schnell online bestellen, liefern lassen oder im Geschäft abholen.

Ich trete ein für verlässliche Kernöffnungszeiten in der Langen Straße und der übrigen Innenstadt. Vier auf die Altstadt beschränke verkaufsoffene Sonntage im Jahr sind genug. Die Ausweitung auf fünf verkaufsoffene Sonntage ist zurück zu nehmen. Wir brauchen nachhaltig mehr Kaufkraft durch höhere Löhne, Armutsbekämpfung und die steuerliche Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Anlasslose verkaufsoffene Sonntage sind grundgesetzwidrig und zudem während der Corona-Pandemie ein unnötiges Gesundheitsrisiko.  

Lippstadt soll eine Smart City werden. In einer Smart City werden moderne Technologien aus den Bereichen Energie, Mobilität, Stadtplanung, Verwaltung und Kommunikation so miteinander vernetzt, dass sich die Lebensqualität für die Bewohner*innen steigert. Kommunale Infrastruktur und die Daten der Bürger*innen sind vor privaten Profitinteressen zu schützen.

Der Ausbau von digitaler Infrastruktur geht in Deutschland zu langsam voran. Die Anbindung aller Haushalte und Unternehmen, ob in der Stadt oder auf dem Land, ist notwendig, um die Gleichheit der Lebensverhältnisse gewährleisten zu können. 

Die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen kann für Einwohner*innen und Unternehmen eine große Entlastung bedeuten, weil weite Anfahrten oder lange Wartezeiten entfallen. Breite, niedrigschwellige Angebote unter hohen Datenschutzstandards müssen daher deutlich ausgebaut werden. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass Menschen ohne Zugang zu digitalen Technologien nicht von den öffentlichen Dienstleistungen der Kommune ausgeschlossen werden.

Diesen Text hat Michael Bruns für die Zeitung "Lippstadt am Sonntag" (06.09.2020) geschrieben.

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